THOENES, Joshua
FB2823GR814
Psychologie (B.Sc.) (8 Sem.) PO:04/21
Einsendeaufgabe
Wahrnehmung II – Wahrnehmungsprozesse im visuellen System
Aufgabe 1
Sie betrachten sinnierend ein vor sich auf dem Tisch stehendes Weinglas. Ein Freund
beobachtet Sie und denkt, Sie seien ein wenig angetrunken. Er fragt lachend, ob Sie
das Glas schon doppelt sehen würden. Als Psychologie-Studierende/-r stutzen Sie
kurz und überlegen:
a) Inwiefern „sehen“ Sie das Glas doppelt? Welche Rolle spielt dies für Ihre
Tiefenwahrnehmung? Was geschieht auf Ihrer Netzhaut, wenn Sie das Glas
weiter von sich entfernen bzw. heranholen? Skizzieren Sie Ihre Gedanken dazu
und erläutern Sie dabei detailliert grundlegende Prinzipien der binokularen
Tiefenwahrnehmung.
Da das Weinglas mit beiden Augen aus zwei verschiedenen Perspektiven gesehen wird
entstehen zwei leicht versetzte Bilder, die ein doppeltes Sehen beschreiben können, das in
diesem Fall nicht auf dem verschwommenem Sehen durch Trunkenheit basiert, sondern auf
den unterschiedlichen Bildern der rechten und linken Netzhaut, ähnlich wie dies bei der
Bewegungsparalaxe der Fall ist. Diese unterschiedlichen Bilder und Perspektiven werden
darauf vom visuellen System miteinander verglichen und ausgewertet, was als
stereoskopisches Sehen bezeichnet wird, um unter anderem die korrekte Tiefe des Objekts
und seines Umfelds wahrzunehmen. Wenn das Weinglas letztendlich zweimal gesehen wird,
kann dies daran liegen, dass das visuelle System nicht mehr dazu in der Lage ist beide
Netzhautbilder des rechten und linken Augen zu Einem zusammenzufassen. Die sogenannte
retinale Querdisparation hat in diesem Fall einen kritischen Wert überschritten und wird nicht
mehr korrekt bearbeitet, weswegen Tiefen und Entfernungen weniger gut wahrgenommen
werden können, wogegen jedoch mit einer physischen Entfernung oder dem Heranholen des
Glases entgegengewirkt werden kann.
Wird das Glas entfernt sinkt der Konvergenzwinkel, welcher die Winkel zwischen den
Blickachsen der beiden Augen beschreibt, der dazu die Abbildungen auf den Netzhäuten
verschiebt und einen weiteren Hinweis auf die Tiefe darstellt, was letztendlich dazu führt,
dass die Querdisparation als Ganzes abnimmt. Wird das Glas dagegen näher herangeholt
steigt der Konvergenzwinkel, da die Blickachsen sich weiter nach innen richten müssen.
Seite1 PFH-Private Hochschule Göttingen 29.08.2025
, THOENES, Joshua
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Psychologie (B.Sc.) (8 Sem.) PO:04/21
Die Querdisparation sowie der Konvergenzwinkel geben darüber hinaus, ähnlich wie die
Tiefenhinweise, Auskunft darüber, wo sich das Weinglas im Verhältnis zum Fixationspunkt
befindet, entweder davor oder dahinter was für das visuelle System insofern essenziell ist,
um das Glas scharf zu stellen sowie die Entfernung bzw. Tiefe richtig einschätzen zu
können. Querdisparation und Konvergenzwinkel beschreiben also die wichtigsten Prinzipien
der binokularen Tiefenwahrnehmung.
b) Welche Untersuchungen zeigen, dass Querdisparation zur Konstruktion eines
räumlichen Wahrnehmungseindrucks dient und wie lautet die Erklärung dafür?
Untersuchungen, die zeigen, dass die Querdisparation zur Konstruktion eines räumlichen
Wahrnehmungseindrucks dient, können die sogenannten Stereogramme sein, welche über
zweidimensionale Reizvorlagen mithilfe der Erzeugung von Querdisparationen dazu führen,
dass sie als dreidimensionale Reizvorlage wahrgenommen werden. Ein Stereogramm
entsteht bspw. dadurch, dass sich im rechten und linken Blickfeld zwei verschiedene
zweidimensionale Bilder mit unterschiedlichen Perspektiven befinden, die sozusagen
vortäuschen, dass eine räumliche Tiefe vorhanden ist, was demnach die dreidimensionale
Wahrnehmung begründet. Eine Erklärung für das Wirken der Stereogramme ist de
Befähigung des visuellen Systems die Entfernungen von Objekten aus der Analyse von
verschiedenen Netzhautbildern zu schätzen ähnlich wie es schon als stereokopisches Sehen
bei a) beschrieben wurde.
Aufgabe 2
Sie kennen einige grundlegende Organisationsprinzipien der visuellen Reiz-
verarbeitung. Erläutern Sie, wie der Kontext die Wahrnehmung von Reizen
beeinflussen kann. Konstruieren Sie jeweils ein im Fernlehrbrief nicht genanntes
mögliches Beispiel.
Der Kontext einer Situation kann die Wahrnehmung von Reizen auf mehrere
unterschiedliche Arten beeinflussen. So kann ein Reiz auch unterschiedlich wahrgenommen
werden und vom Kontext abhängige Wahrnehmungen hervorrufen. Einige grundlegende
Organisationsprinzipien, die diese Wahrnehmungen beeinflussen sind unter anderem das
Prinzip der Figur-Grund-Trennung, der Gruppenfaktoren oder Gruppierungsprinzipien, das
Prägnanzprinzip, das Prinzip der Ergänzungsphänomene, das Minimum-Likelihood-Prinzip,
den Einfluss von Top-down- und Bottom-up-Effekten für den Kontext und der Einfluss von
hierarchischen Reizen auf die Wahrnehmung von Reizen, die im Folgenden anhand von
Beispielen verdeutlicht werden sollen.
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Wahrnehmung II – Wahrnehmungsprozesse im visuellen System
Aufgabe 1
Sie betrachten sinnierend ein vor sich auf dem Tisch stehendes Weinglas. Ein Freund
beobachtet Sie und denkt, Sie seien ein wenig angetrunken. Er fragt lachend, ob Sie
das Glas schon doppelt sehen würden. Als Psychologie-Studierende/-r stutzen Sie
kurz und überlegen:
a) Inwiefern „sehen“ Sie das Glas doppelt? Welche Rolle spielt dies für Ihre
Tiefenwahrnehmung? Was geschieht auf Ihrer Netzhaut, wenn Sie das Glas
weiter von sich entfernen bzw. heranholen? Skizzieren Sie Ihre Gedanken dazu
und erläutern Sie dabei detailliert grundlegende Prinzipien der binokularen
Tiefenwahrnehmung.
Da das Weinglas mit beiden Augen aus zwei verschiedenen Perspektiven gesehen wird
entstehen zwei leicht versetzte Bilder, die ein doppeltes Sehen beschreiben können, das in
diesem Fall nicht auf dem verschwommenem Sehen durch Trunkenheit basiert, sondern auf
den unterschiedlichen Bildern der rechten und linken Netzhaut, ähnlich wie dies bei der
Bewegungsparalaxe der Fall ist. Diese unterschiedlichen Bilder und Perspektiven werden
darauf vom visuellen System miteinander verglichen und ausgewertet, was als
stereoskopisches Sehen bezeichnet wird, um unter anderem die korrekte Tiefe des Objekts
und seines Umfelds wahrzunehmen. Wenn das Weinglas letztendlich zweimal gesehen wird,
kann dies daran liegen, dass das visuelle System nicht mehr dazu in der Lage ist beide
Netzhautbilder des rechten und linken Augen zu Einem zusammenzufassen. Die sogenannte
retinale Querdisparation hat in diesem Fall einen kritischen Wert überschritten und wird nicht
mehr korrekt bearbeitet, weswegen Tiefen und Entfernungen weniger gut wahrgenommen
werden können, wogegen jedoch mit einer physischen Entfernung oder dem Heranholen des
Glases entgegengewirkt werden kann.
Wird das Glas entfernt sinkt der Konvergenzwinkel, welcher die Winkel zwischen den
Blickachsen der beiden Augen beschreibt, der dazu die Abbildungen auf den Netzhäuten
verschiebt und einen weiteren Hinweis auf die Tiefe darstellt, was letztendlich dazu führt,
dass die Querdisparation als Ganzes abnimmt. Wird das Glas dagegen näher herangeholt
steigt der Konvergenzwinkel, da die Blickachsen sich weiter nach innen richten müssen.
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Die Querdisparation sowie der Konvergenzwinkel geben darüber hinaus, ähnlich wie die
Tiefenhinweise, Auskunft darüber, wo sich das Weinglas im Verhältnis zum Fixationspunkt
befindet, entweder davor oder dahinter was für das visuelle System insofern essenziell ist,
um das Glas scharf zu stellen sowie die Entfernung bzw. Tiefe richtig einschätzen zu
können. Querdisparation und Konvergenzwinkel beschreiben also die wichtigsten Prinzipien
der binokularen Tiefenwahrnehmung.
b) Welche Untersuchungen zeigen, dass Querdisparation zur Konstruktion eines
räumlichen Wahrnehmungseindrucks dient und wie lautet die Erklärung dafür?
Untersuchungen, die zeigen, dass die Querdisparation zur Konstruktion eines räumlichen
Wahrnehmungseindrucks dient, können die sogenannten Stereogramme sein, welche über
zweidimensionale Reizvorlagen mithilfe der Erzeugung von Querdisparationen dazu führen,
dass sie als dreidimensionale Reizvorlage wahrgenommen werden. Ein Stereogramm
entsteht bspw. dadurch, dass sich im rechten und linken Blickfeld zwei verschiedene
zweidimensionale Bilder mit unterschiedlichen Perspektiven befinden, die sozusagen
vortäuschen, dass eine räumliche Tiefe vorhanden ist, was demnach die dreidimensionale
Wahrnehmung begründet. Eine Erklärung für das Wirken der Stereogramme ist de
Befähigung des visuellen Systems die Entfernungen von Objekten aus der Analyse von
verschiedenen Netzhautbildern zu schätzen ähnlich wie es schon als stereokopisches Sehen
bei a) beschrieben wurde.
Aufgabe 2
Sie kennen einige grundlegende Organisationsprinzipien der visuellen Reiz-
verarbeitung. Erläutern Sie, wie der Kontext die Wahrnehmung von Reizen
beeinflussen kann. Konstruieren Sie jeweils ein im Fernlehrbrief nicht genanntes
mögliches Beispiel.
Der Kontext einer Situation kann die Wahrnehmung von Reizen auf mehrere
unterschiedliche Arten beeinflussen. So kann ein Reiz auch unterschiedlich wahrgenommen
werden und vom Kontext abhängige Wahrnehmungen hervorrufen. Einige grundlegende
Organisationsprinzipien, die diese Wahrnehmungen beeinflussen sind unter anderem das
Prinzip der Figur-Grund-Trennung, der Gruppenfaktoren oder Gruppierungsprinzipien, das
Prägnanzprinzip, das Prinzip der Ergänzungsphänomene, das Minimum-Likelihood-Prinzip,
den Einfluss von Top-down- und Bottom-up-Effekten für den Kontext und der Einfluss von
hierarchischen Reizen auf die Wahrnehmung von Reizen, die im Folgenden anhand von
Beispielen verdeutlicht werden sollen.
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