STRAFRECHT AT
,Das vorsätzliche Begehungsdelikt – Aufbau
I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand
a) Vorfrage: Strafrechtliche Handlung
b) Äußere Unrechtsmerkmale (=objektive
Tatbestandsmerkmale) – Tathandlung, Tatobjekt,
tauglicher Täter etc.
c) Bei Erfolgsdelikten: Erfolg, Kausalität, objektive
Zurechnung
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale:
Absichten, Tendenzen, Motive
3. Objektive Bedingungen der Strafbarkeit
II. Rechtswidrigkeit Die Rechtswidrigkeit ist grundsätzliche zu bejahen – wird also
indiziert – wenn der Tatbestand erfüllt ist (Ausnahme: offene
Tatbestände, §§ 240, 253 StGB)
Sie entfällt, wenn ein Rechtfertigungsgrund eingreift
- Objektive Voraussetzungen des Rechtfertigungsgrundes
- Subjektive Voraussetzungen
III. Schuld 1. Schuldfähigkeit (§§ 19 – 21 StGB, a.l.i.c.)
2. Schuldform (Vorsatz, Fahrlässigkeit)
3. Unrechtsbewusstsein
4. Spezielle strafschärfende oder -mildernde
Schuldmerkmale
5. Fehlen von Schuldausschließungsgründen: §§ 33, 35
StGB
IV. Sonstiges Strafaufhebungsgründe, Prozessvoraussetzungen (z.B. §§ 77,
78 StGB)
Die strafrechtliche Handlung
Strafrechtlich relevantes Verhalten nach der sozialen Handlungslehre (hM)
Ausgangspunkt eines jeden strafrechtlichen Vorwurfs ist ein bestimmtes menschliches
Verhalten, das in einem aktiven Tun oder Unterlassen liegen kann.
Nach der herrschenden sozialen Handlungslehre ist Handlung im strafrechtlichen Sinne
jedes vom menschlichen Willen beherrschte oder beherrschbare sozialerhebliche Verhalten.
Jede strafrechtlich relevante Handlung besteht also aus 3 Elementen:
Menschliches Verhalten
Nur natürliche Personen können im Sinne des Strafrechts handeln, bei juristischen
Personen handeln deren Organe (§ 14 StGB)
Keine Handlungen sind daher bloße Naturereignisse oder das Verhalten von Tieren.
Sozialerheblichkeit
Die menschliche Willensbetätigung muss nach außen gerichtet sein.
Keine Handlungen sind daher Vorgänge, die sich nur im Inneren eines Menschen
abspielen (z.B. Gedanken, Absichten, Wünsche).
Beherrschbarkeit
Das Verhalten muss vom menschlichen Willen beherrscht oder beherrschbar sein.
, Keine Handlungen sind daher Reflexbewegungen und vis absoluta (durch
unwiderstehliche Gewalt mechanisch erzwungenes Verhalten). Schreckreaktionen
sind hingegen willensgesteuert und somit Handlungen (hM, strittig).
Das vorsätzliche Begehungsdelikt – Kausalität
Kausalität und Äquivalenztheorie
Bei den Erfolgsdelikten muss zur Handlung der Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinzutreten.
Zwischen Handlung und Erfolg muss dabei eine Verbindung bestehen. Ungeschriebenes
Tatbestandsmerkmal aller Erfolgsdelikte ist somit die Kausalität der Handlung für den
Erfolgseintritt.
Nach der herrschenden Äquivalenztheorie (auch: Bedingungstheorie, conditio-sine-qua-
non-Formel) ist eine Handlung dann eine Ursache eines Erfolgs, wenn sie nicht
hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele.
Basierend auf dieser Formel sind folgende Sonderfälle denkbar:
Alternative Kausalität – zwei Ursachen führen zu demselben Erfolg. Jede der
Ursachen hätte für sich allein diesen Erfolg zum selben Zeitpunkt ebenfalls
herbeigeführt. Hier scheitert die Äquivalenztheorie, da die Handlung hinweggedacht
werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. In diesen Fällen ist die
Äquivalenztheorie deshalb dahingehend abzuwandeln, dass jede Ursache als kausal
zu betrachten ist.
Kumulative Kausalität – der Erfolg wird nur durch das Zusammenwirken zweier
Ursachen herbeigeführt. Jede Ursache für sich allein hätte nicht genügt. Also: keine
der Ursachen kann hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele – Kausalität
(+) nach der Äquivalenztheorie
Überhohlende Kausalität – Täter A setzt eine hinreichende Erfolgsursache. Bevor
diese sich realisieren kann, setzt Täter B eine andere Ursache, die einen früheren
Erfolgseintritt bewirkt. Nach der Äquivalenztheorie bleiben Reserveursachen außer
Betracht. Die Handlung des Täters B ist kausal. Ähnlich ist der Fall der
abgebrochenen Kausalität, nur dass hier das Handeln des B die Kausalkette des A
abbricht.
Hypothetische Kausalität – der Erfolg wäre im selben Zeitpunkt durch eine andere
Ursache, die nicht von einem Dritten gesetzt wurde (sonst: alternative Kausalität)
eingetreten. Auch hier bleibt die Reserveursache außer Betracht – Kausalität (+).
Das vorsätzliche Begehungsdelikt – objektive Zurechnung
Der durch die Äquivalenztheorie ermittelte Ursachenkreis bedarf einer wertenden
Begrenzung: der konkrete Erfolg muss dem Täter auch objektiv zurechenbar sein. Dies ist
der Fall, wenn der Täter durch sein Verhalten eine rechtlich missbilligte Gefahr der
Erfolgseintritts geschaffen hat und sich im konkreten tatbestandsmäßigen Erfolg gerade
diese Gefahr verwirklicht hat.
Die objektive Zurechnung besteht also aus den 2 Elementen rechtlich relevantes Risiko und
Risikozusammenhang.
, Rechtlich relevantes Risiko
Ein rechtlich relevantes Risiko fehlt…
…wenn der Schaden außerhalb des menschlichen Beherrschungsvermögens
liegt. Bsp.: T schickt seinen Erbonkel O bei Gewitter ins Freie und hofft, dass O vom
Blitz getroffen wird. Das geschieht auch.
…wenn der Täter sozialadäquat handelt
Bsp.: Besuch eines anderen, obwohl man eine leichte Erkältung hat und diesen
anstecken könnte
Anders aber z.B. beim Besuch auf einer Intensivstation
…in den Fällen der Risikoverringerung
d.h.: Täter schwächt einen dem Opfer anderweitig drohenden Erfolg ab und schiebt
ihn zeitlich hinaus, ohne eine neue, andersartige Gefahr zu setzen (in letzterem Fall
evtl. § 32 StGB)
Risikozusammenhang
Der Risikozusammenhang fehlt in folgenden Konstellationen:
Bei einem völlig atypischen Kausalverlauf
Der Erfolg liegt außerhalb des Schutzzwecks der Norm, d.h. wenn sich im Erfolg
nicht das verbotene, sondern ein anderes Risiko verwirklicht hat
Bei fehlendem Pflichtwidrigkeitszusammenhang, also dann, wenn der Erfolg auch
bei pflichtgemäßem Täterverhalten eingetreten wäre
Umstritten sind die Fälle, in denen nicht sicher ist, ob der Erfolg auch bei
pflichtgemäßem Verhalten des Täters eingetreten wäre:
o Risikoerhöhungslehre: Verhalten ist zurechenbar, wenn die in ihm liegende
Sorgfaltspflichtverletzung das Risiko des Erfolgseintritts gegenüber dem
erlaubten Risiko deutlich erhöht hat
o hM: lehnt die Risikoerhöhungslehre ab, da sie den in-dubio-pro-reo-Grundsatz
einschränkt und Verletzungsdelikte contra legem als Gefährdungsdelikte
behandelt
daher bei Ungewissheit Verhalten nicht zurechenbar
In den Fällen der freiverantwortlichen Selbstgefährdung
In den Fällen, in denen ein Dritter in den Kausalverlauf eingreift und ein neues,
allein von ihm gesteuertes Risiko setzt, das sich dann auch verwirklicht
Das vorsätzliche Begehungsdelikt – Vorsatz
Nach § 15 StGB ist nur vorsätzliches Handeln strafbar, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges
Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht. Das Tatgeschehen muss also nicht nur äußerlich
einem Straftatbestand entsprechen (= objektiver Tatbestand), sondern auch vom Wissen und
Wollen des Täters gedeckt sein (= subjektiver Tatbestand). Demnach gilt für den
Tatbestandsvorsatz:
Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner
objektiven Tatbestandsmerkmale (kurz: Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung)
Die Vorsatzdefinition besteht also aus 2 Elementen: Wissen und Wollen. Aus der
Kombination dieser Elemente ergeben sich verschiedene Vorsatzformen:
,Das vorsätzliche Begehungsdelikt – Aufbau
I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand
a) Vorfrage: Strafrechtliche Handlung
b) Äußere Unrechtsmerkmale (=objektive
Tatbestandsmerkmale) – Tathandlung, Tatobjekt,
tauglicher Täter etc.
c) Bei Erfolgsdelikten: Erfolg, Kausalität, objektive
Zurechnung
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz
b) Sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale:
Absichten, Tendenzen, Motive
3. Objektive Bedingungen der Strafbarkeit
II. Rechtswidrigkeit Die Rechtswidrigkeit ist grundsätzliche zu bejahen – wird also
indiziert – wenn der Tatbestand erfüllt ist (Ausnahme: offene
Tatbestände, §§ 240, 253 StGB)
Sie entfällt, wenn ein Rechtfertigungsgrund eingreift
- Objektive Voraussetzungen des Rechtfertigungsgrundes
- Subjektive Voraussetzungen
III. Schuld 1. Schuldfähigkeit (§§ 19 – 21 StGB, a.l.i.c.)
2. Schuldform (Vorsatz, Fahrlässigkeit)
3. Unrechtsbewusstsein
4. Spezielle strafschärfende oder -mildernde
Schuldmerkmale
5. Fehlen von Schuldausschließungsgründen: §§ 33, 35
StGB
IV. Sonstiges Strafaufhebungsgründe, Prozessvoraussetzungen (z.B. §§ 77,
78 StGB)
Die strafrechtliche Handlung
Strafrechtlich relevantes Verhalten nach der sozialen Handlungslehre (hM)
Ausgangspunkt eines jeden strafrechtlichen Vorwurfs ist ein bestimmtes menschliches
Verhalten, das in einem aktiven Tun oder Unterlassen liegen kann.
Nach der herrschenden sozialen Handlungslehre ist Handlung im strafrechtlichen Sinne
jedes vom menschlichen Willen beherrschte oder beherrschbare sozialerhebliche Verhalten.
Jede strafrechtlich relevante Handlung besteht also aus 3 Elementen:
Menschliches Verhalten
Nur natürliche Personen können im Sinne des Strafrechts handeln, bei juristischen
Personen handeln deren Organe (§ 14 StGB)
Keine Handlungen sind daher bloße Naturereignisse oder das Verhalten von Tieren.
Sozialerheblichkeit
Die menschliche Willensbetätigung muss nach außen gerichtet sein.
Keine Handlungen sind daher Vorgänge, die sich nur im Inneren eines Menschen
abspielen (z.B. Gedanken, Absichten, Wünsche).
Beherrschbarkeit
Das Verhalten muss vom menschlichen Willen beherrscht oder beherrschbar sein.
, Keine Handlungen sind daher Reflexbewegungen und vis absoluta (durch
unwiderstehliche Gewalt mechanisch erzwungenes Verhalten). Schreckreaktionen
sind hingegen willensgesteuert und somit Handlungen (hM, strittig).
Das vorsätzliche Begehungsdelikt – Kausalität
Kausalität und Äquivalenztheorie
Bei den Erfolgsdelikten muss zur Handlung der Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinzutreten.
Zwischen Handlung und Erfolg muss dabei eine Verbindung bestehen. Ungeschriebenes
Tatbestandsmerkmal aller Erfolgsdelikte ist somit die Kausalität der Handlung für den
Erfolgseintritt.
Nach der herrschenden Äquivalenztheorie (auch: Bedingungstheorie, conditio-sine-qua-
non-Formel) ist eine Handlung dann eine Ursache eines Erfolgs, wenn sie nicht
hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele.
Basierend auf dieser Formel sind folgende Sonderfälle denkbar:
Alternative Kausalität – zwei Ursachen führen zu demselben Erfolg. Jede der
Ursachen hätte für sich allein diesen Erfolg zum selben Zeitpunkt ebenfalls
herbeigeführt. Hier scheitert die Äquivalenztheorie, da die Handlung hinweggedacht
werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. In diesen Fällen ist die
Äquivalenztheorie deshalb dahingehend abzuwandeln, dass jede Ursache als kausal
zu betrachten ist.
Kumulative Kausalität – der Erfolg wird nur durch das Zusammenwirken zweier
Ursachen herbeigeführt. Jede Ursache für sich allein hätte nicht genügt. Also: keine
der Ursachen kann hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele – Kausalität
(+) nach der Äquivalenztheorie
Überhohlende Kausalität – Täter A setzt eine hinreichende Erfolgsursache. Bevor
diese sich realisieren kann, setzt Täter B eine andere Ursache, die einen früheren
Erfolgseintritt bewirkt. Nach der Äquivalenztheorie bleiben Reserveursachen außer
Betracht. Die Handlung des Täters B ist kausal. Ähnlich ist der Fall der
abgebrochenen Kausalität, nur dass hier das Handeln des B die Kausalkette des A
abbricht.
Hypothetische Kausalität – der Erfolg wäre im selben Zeitpunkt durch eine andere
Ursache, die nicht von einem Dritten gesetzt wurde (sonst: alternative Kausalität)
eingetreten. Auch hier bleibt die Reserveursache außer Betracht – Kausalität (+).
Das vorsätzliche Begehungsdelikt – objektive Zurechnung
Der durch die Äquivalenztheorie ermittelte Ursachenkreis bedarf einer wertenden
Begrenzung: der konkrete Erfolg muss dem Täter auch objektiv zurechenbar sein. Dies ist
der Fall, wenn der Täter durch sein Verhalten eine rechtlich missbilligte Gefahr der
Erfolgseintritts geschaffen hat und sich im konkreten tatbestandsmäßigen Erfolg gerade
diese Gefahr verwirklicht hat.
Die objektive Zurechnung besteht also aus den 2 Elementen rechtlich relevantes Risiko und
Risikozusammenhang.
, Rechtlich relevantes Risiko
Ein rechtlich relevantes Risiko fehlt…
…wenn der Schaden außerhalb des menschlichen Beherrschungsvermögens
liegt. Bsp.: T schickt seinen Erbonkel O bei Gewitter ins Freie und hofft, dass O vom
Blitz getroffen wird. Das geschieht auch.
…wenn der Täter sozialadäquat handelt
Bsp.: Besuch eines anderen, obwohl man eine leichte Erkältung hat und diesen
anstecken könnte
Anders aber z.B. beim Besuch auf einer Intensivstation
…in den Fällen der Risikoverringerung
d.h.: Täter schwächt einen dem Opfer anderweitig drohenden Erfolg ab und schiebt
ihn zeitlich hinaus, ohne eine neue, andersartige Gefahr zu setzen (in letzterem Fall
evtl. § 32 StGB)
Risikozusammenhang
Der Risikozusammenhang fehlt in folgenden Konstellationen:
Bei einem völlig atypischen Kausalverlauf
Der Erfolg liegt außerhalb des Schutzzwecks der Norm, d.h. wenn sich im Erfolg
nicht das verbotene, sondern ein anderes Risiko verwirklicht hat
Bei fehlendem Pflichtwidrigkeitszusammenhang, also dann, wenn der Erfolg auch
bei pflichtgemäßem Täterverhalten eingetreten wäre
Umstritten sind die Fälle, in denen nicht sicher ist, ob der Erfolg auch bei
pflichtgemäßem Verhalten des Täters eingetreten wäre:
o Risikoerhöhungslehre: Verhalten ist zurechenbar, wenn die in ihm liegende
Sorgfaltspflichtverletzung das Risiko des Erfolgseintritts gegenüber dem
erlaubten Risiko deutlich erhöht hat
o hM: lehnt die Risikoerhöhungslehre ab, da sie den in-dubio-pro-reo-Grundsatz
einschränkt und Verletzungsdelikte contra legem als Gefährdungsdelikte
behandelt
daher bei Ungewissheit Verhalten nicht zurechenbar
In den Fällen der freiverantwortlichen Selbstgefährdung
In den Fällen, in denen ein Dritter in den Kausalverlauf eingreift und ein neues,
allein von ihm gesteuertes Risiko setzt, das sich dann auch verwirklicht
Das vorsätzliche Begehungsdelikt – Vorsatz
Nach § 15 StGB ist nur vorsätzliches Handeln strafbar, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges
Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht. Das Tatgeschehen muss also nicht nur äußerlich
einem Straftatbestand entsprechen (= objektiver Tatbestand), sondern auch vom Wissen und
Wollen des Täters gedeckt sein (= subjektiver Tatbestand). Demnach gilt für den
Tatbestandsvorsatz:
Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner
objektiven Tatbestandsmerkmale (kurz: Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung)
Die Vorsatzdefinition besteht also aus 2 Elementen: Wissen und Wollen. Aus der
Kombination dieser Elemente ergeben sich verschiedene Vorsatzformen: