Dietmar von Aist
Ez stuont ein frouwe alleine Es stand eine edle Frau allein
und warte über heide und schaute über die Heide
und warte ir liebes. und hielt Ausschau nach ihrem Liebsten.
sô gesach si valken fliegen. Da sah sie einen Falken fliegen.
5 ,sô wol dir, valke, daz du bist! ,Sei glücklich, daß du ein Falke bist!
du fliugest, swar dir liep ist, Du fliegst, wohin du magst,
du erkiusest dir in dem walde du suchst dir im Wald
einen boum, der dir gevalle. einen Baum, der dir gefällt.
alsô hân ouch ich getân: Das hab ich auch getan:
10 ich erkôs mir selbe einen man, Ich habe mir selbst einen Mann gesucht,
den erwelten mîniu ougen. meine Augen haben ihn auserwählt.
daz nîdent schœne frouwen. Das neiden mir schöne Frauen.
owê, wan lânt si mir mîn liep? Ach, warum lassen sie mir nicht meinen Liebsten?
joch engerte ich ir dekeines trûtes niet!ʼ Ich habe doch keinen ihrer Geliebten begehrt!ʼ
Text und Übersetzung: Deutsche Lyrik des frühen und hohen Mittelalters. Edition der Texte und Kommentare von Ingrid KASTEN. Übersetzungen von Margherita KUHN.
Frankfurt/Main 2005 (= Deutscher Klassiker Verlag im Taschenbuch 6). Lied 25 (S. 73f.).
Ez stuont ein frouwe alleine Es stand eine edle Frau allein
und warte über heide und schaute über die Heide
und warte ir liebes. und hielt Ausschau nach ihrem Liebsten.
sô gesach si valken fliegen. Da sah sie einen Falken fliegen.
5 ,sô wol dir, valke, daz du bist! ,Sei glücklich, daß du ein Falke bist!
du fliugest, swar dir liep ist, Du fliegst, wohin du magst,
du erkiusest dir in dem walde du suchst dir im Wald
einen boum, der dir gevalle. einen Baum, der dir gefällt.
alsô hân ouch ich getân: Das hab ich auch getan:
10 ich erkôs mir selbe einen man, Ich habe mir selbst einen Mann gesucht,
den erwelten mîniu ougen. meine Augen haben ihn auserwählt.
daz nîdent schœne frouwen. Das neiden mir schöne Frauen.
owê, wan lânt si mir mîn liep? Ach, warum lassen sie mir nicht meinen Liebsten?
joch engerte ich ir dekeines trûtes niet!ʼ Ich habe doch keinen ihrer Geliebten begehrt!ʼ
Text und Übersetzung: Deutsche Lyrik des frühen und hohen Mittelalters. Edition der Texte und Kommentare von Ingrid KASTEN. Übersetzungen von Margherita KUHN.
Frankfurt/Main 2005 (= Deutscher Klassiker Verlag im Taschenbuch 6). Lied 25 (S. 73f.).