Einführung in den Schriftspracherwerb
Vorlesung 21.04.2020: Was ist Lesen/Schreiben? Was macht Kindern Schwierigkeiten?
1. Schrift gibt Hinweise auf den Klang von Wörtern bzw. ihre Aussprache → keine Abbildung semantischer
Eigenschaften
2. Kooperation von Lauten mit Buchstaben
3. Wichtig: Raumlage, Reihenfolge, Richtung der Buchstaben
4. Schrift ist Zeichen für etwas anderes
5. Manche Lautmerkmale sind bedeutungsvoll, manche nicht
6. Beziehung Schriftzeichen und Laut ist willkürlich
7. Manche Buchstabenmerkmale sind in konkreten Beispielen wichtig, manche nicht
8. Beziehung abstrahierter Laut und idealisiertem Schriftzeichen ist nicht eindeutig
VL 28.04.2020: Linguistische Merkmale von Schriftsprache
Unterschiedliche Einteilungen:
Linguistische Strukturmerkmale der deutschen Sprache:
• Phonologisches Prinzip (Phonem-Graphem-Korrespondenz): ein Phonem wird durch ein Graphem
repräsentiert
→ Prozentsatz lauttreuer Wiedergabe von Buchstaben (Naumann): 73%
• Morphematisches Prinzip (Stammprinzip und Stammerhalt): gleiche Morpheme werden gleich geschrieben
• Orthographisches/silbisches Prinzip (Dehnung, Schärfung,…)
• Grammatisches Prinzip (z.B. Groß-u. Kleinschreibung, Zeichensetzung)
• Semantisches Prinzip (homophone Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung)
• Historisches, graphisch-formales, ästhetisches Prinzip (Mitttag → Mittag)
Strukturelemente der Sprache
• Phone – Phoneme – Grapheme
▪ Mensch kann 4000 Phoneme artikulieren und wahrnehmen
▪ Verschiedene Phone in einem Phonem bündeln und dafür Graphem schreiben
▪ Phoneme: kleinste bedeutungsunterscheidene Einheit einer Sprache
▪ Grapheme: Buchstaben die mit Phone, korrespondieren
▪ Phonetische Mehrdeutigkeit: ein Graphem steht für mehrere Phoneme
, ▪ Graphematische Mehrdeutigkeit: mehrere Grapheme stehen für ein Phonem
• Morpheme – Wörter – Sätze
▪ Wort als Graphemfolge zwischen Spatien (Leerzeichen) findet keine eindeutige Entsprechung zu
lautlicher Abfolge der Sprache
▪ Morphem: kleinste bedeutungstragende Einheit einer Sprache
▪ Substantive durch Großschreibung → syntaktische Kategorie
▪ Satzgliederung in gesprochener Sprache: Betonung, Satzmelodie, Rhythmus, Tempo
→ in geschriebener Sprache durch Satzzeichen
Wortbildtheorie
Hinweise auf Lebendigkeit der Wortbildtheorie:
1. Unterricht erfordert oft Abschreiben
2. Aufschreiben gefährlich, weil sich Fehler einprägen können
3. Überkleben falscher Wörter in Diktaten
4. Strichwörter als Übungsform
Pro-Argumente:
1. Wörter können schneller oder besser gelesen werden als zufällige Buchstabenfolgen
2. Häufiger vorkommende Wörter werden schneller und besser gelesen
3. Kinder können Wörter etc. erkennen ohne Buchstaben zu kennen
4. Wenn man Wort nicht weiß, aufschreiben um zu „sehen“ wie es richtig geschrieben wird
Contra-Argumente:
1. Wörter können auch dann erlesen werden, wenn Groß-und Kleinbuchstaben abwechseln
2. Wörter mit einzigartigem Umriss können nicht schneller erlesen werden als Wörter mit häufigem Umriss
3. Wortumrisse kein effektives Merkmal, weil viele Wörter gleiche Gestalt haben
4. Kinder erkennen beim Lesenlernen Wörter oft am ersten o. letzten Buchstaben
5. Wörter in anderer Anordnung oder in anderen Schrifttypen können relativ schnell erlesen werden
→ Es gibt ein wortspezifisches Lernen, für Speicherung von Wörtern brauchen wir wortspezifische Informationen
→ Wortspezifisches Lernen ist nicht an die visuelle Modalität gebunden
Alternative von Scheerer-Neumann
1. Es gibt naiv-ganzheitliches Lesen bei Kindern. Kinder erkennen Wörter ohne Zugang zu Buchstaben u.
Lauten zu haben
2. Eigentlicher Leselernprozess: Phonologischer Weg als logische Konsequenz aus dem dominanten
Lautschriftprinzip unserer Schrift
3. Erwachsener Leser besitzt Sichtwortschatz und kann größere Einheiten auf einen Blick erkennen
4. Erwachsener Leser braucht bei schwierigen Wörtern auch phonologischen Weg
Vorlesung 21.04.2020: Was ist Lesen/Schreiben? Was macht Kindern Schwierigkeiten?
1. Schrift gibt Hinweise auf den Klang von Wörtern bzw. ihre Aussprache → keine Abbildung semantischer
Eigenschaften
2. Kooperation von Lauten mit Buchstaben
3. Wichtig: Raumlage, Reihenfolge, Richtung der Buchstaben
4. Schrift ist Zeichen für etwas anderes
5. Manche Lautmerkmale sind bedeutungsvoll, manche nicht
6. Beziehung Schriftzeichen und Laut ist willkürlich
7. Manche Buchstabenmerkmale sind in konkreten Beispielen wichtig, manche nicht
8. Beziehung abstrahierter Laut und idealisiertem Schriftzeichen ist nicht eindeutig
VL 28.04.2020: Linguistische Merkmale von Schriftsprache
Unterschiedliche Einteilungen:
Linguistische Strukturmerkmale der deutschen Sprache:
• Phonologisches Prinzip (Phonem-Graphem-Korrespondenz): ein Phonem wird durch ein Graphem
repräsentiert
→ Prozentsatz lauttreuer Wiedergabe von Buchstaben (Naumann): 73%
• Morphematisches Prinzip (Stammprinzip und Stammerhalt): gleiche Morpheme werden gleich geschrieben
• Orthographisches/silbisches Prinzip (Dehnung, Schärfung,…)
• Grammatisches Prinzip (z.B. Groß-u. Kleinschreibung, Zeichensetzung)
• Semantisches Prinzip (homophone Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung)
• Historisches, graphisch-formales, ästhetisches Prinzip (Mitttag → Mittag)
Strukturelemente der Sprache
• Phone – Phoneme – Grapheme
▪ Mensch kann 4000 Phoneme artikulieren und wahrnehmen
▪ Verschiedene Phone in einem Phonem bündeln und dafür Graphem schreiben
▪ Phoneme: kleinste bedeutungsunterscheidene Einheit einer Sprache
▪ Grapheme: Buchstaben die mit Phone, korrespondieren
▪ Phonetische Mehrdeutigkeit: ein Graphem steht für mehrere Phoneme
, ▪ Graphematische Mehrdeutigkeit: mehrere Grapheme stehen für ein Phonem
• Morpheme – Wörter – Sätze
▪ Wort als Graphemfolge zwischen Spatien (Leerzeichen) findet keine eindeutige Entsprechung zu
lautlicher Abfolge der Sprache
▪ Morphem: kleinste bedeutungstragende Einheit einer Sprache
▪ Substantive durch Großschreibung → syntaktische Kategorie
▪ Satzgliederung in gesprochener Sprache: Betonung, Satzmelodie, Rhythmus, Tempo
→ in geschriebener Sprache durch Satzzeichen
Wortbildtheorie
Hinweise auf Lebendigkeit der Wortbildtheorie:
1. Unterricht erfordert oft Abschreiben
2. Aufschreiben gefährlich, weil sich Fehler einprägen können
3. Überkleben falscher Wörter in Diktaten
4. Strichwörter als Übungsform
Pro-Argumente:
1. Wörter können schneller oder besser gelesen werden als zufällige Buchstabenfolgen
2. Häufiger vorkommende Wörter werden schneller und besser gelesen
3. Kinder können Wörter etc. erkennen ohne Buchstaben zu kennen
4. Wenn man Wort nicht weiß, aufschreiben um zu „sehen“ wie es richtig geschrieben wird
Contra-Argumente:
1. Wörter können auch dann erlesen werden, wenn Groß-und Kleinbuchstaben abwechseln
2. Wörter mit einzigartigem Umriss können nicht schneller erlesen werden als Wörter mit häufigem Umriss
3. Wortumrisse kein effektives Merkmal, weil viele Wörter gleiche Gestalt haben
4. Kinder erkennen beim Lesenlernen Wörter oft am ersten o. letzten Buchstaben
5. Wörter in anderer Anordnung oder in anderen Schrifttypen können relativ schnell erlesen werden
→ Es gibt ein wortspezifisches Lernen, für Speicherung von Wörtern brauchen wir wortspezifische Informationen
→ Wortspezifisches Lernen ist nicht an die visuelle Modalität gebunden
Alternative von Scheerer-Neumann
1. Es gibt naiv-ganzheitliches Lesen bei Kindern. Kinder erkennen Wörter ohne Zugang zu Buchstaben u.
Lauten zu haben
2. Eigentlicher Leselernprozess: Phonologischer Weg als logische Konsequenz aus dem dominanten
Lautschriftprinzip unserer Schrift
3. Erwachsener Leser besitzt Sichtwortschatz und kann größere Einheiten auf einen Blick erkennen
4. Erwachsener Leser braucht bei schwierigen Wörtern auch phonologischen Weg