ANWENDUNGSGIETE, MODELLANNAHMEN UND ZIELE
PSYCHOLOGISCHER DIAGNOSTIK
DEFINITION
Diagnostik (griechisch: diagignoskein) = gründlich kennen lernen, entscheiden, beschließen
Gegenstand der Diagnostik
Interindividuelle Unterschiede in Erleben & Verhalten Mensch/en als
Intraindividuelle Merkmale & Veränderungen einschließlich relevanter Bedingungen Merkmalsträger
Aufgabe der Diagnostik
Gezieltes Sammeln & Verwerten von Informationen
Vorhersage & Veränderung von künftigem Verhalten & Erleben
Bereitstellen von Wissen & Techniken zur Lösung praktischer Probleme
Vorgehensweise
Übernahme einer Erhebung & Interpretation Beantwortung der
Fragestellung von Informationen Fragestellung
Beschreibung & Klassifikation, Unter Leitung von psychologischem Psychologische Diagnostik nicht
Erklärung, Vorhersage und Evaluation Wissen & Verwendung zum Selbstzweck
von Zuständen oder Verläufen wissenschaftlicher Methoden
Abgrenzung
Testen: Nur eine Methode der Datenerhebung
Medizinische Diagnostik: Fokus auf körperliche Merkmale
Evaluation: Evaluation von Maßnahmen ohne psychologisch-diagnostische Verfahren
ANWENDUNGSGEBIETE UND FRAGESTELLUNGEN
Klinische Psychologie: Diagnostik psychischer Störungen, therapiebegleitende Diagnostik
Gesundheitspsychologie: Erfassung von Stress- & Krankheitsbewältigung, Prävention
Pädagogische Psychologie: Erfassung von Leistungsstand & Leistungsfähigkeit, Diagnostik von Teilleistungsstörungen,
Verhaltensproblemen & Hochbegabung
Arbeits- und Organisationspsychologie: Berufsberatung, Personalauswahl, Personalentwicklung
Forensische Psychologie: Glaubwürdigkeit von Zeugen, Schuldfähigkeit von Tätern, Rückfallprognose von Straftätern,
Sorgerechtsangelegenheiten
Verkehrspsychologie: Wiedererteilung entzogener Fahrerlaubnis, Fahreignungsbegutachtung (Bus- & Taxifahrer)
Entwicklungsdiagnostik, Gerontopsychologie, Neuropsychologie: Feststellen von Entwicklungsständen,
Leistungsfähigkeit nach Hirnschädigungen
MODELLANNAHMEN
EIGENSCHAFTSTHEORETISCHE KONZEPTE: EIGENSCHAFTEN ALS ERKLÄRUNG FÜR VERHALTEN
Beschreibung von Erleben und Verhalten durch Eigenschaften
Repräsentative Verhaltensweisen als Indikatoren für Eigenschaften
Erfassung der Ausprägung von Eigenschaften durch Vergleich mit anderen Menschen
Vorhersage von künftigem Verhalten durch Erfassung von Eigenschaften
Geringe Vorhersagekraft für situationsspezifisches Verhalten
Eigenschaften (traits) Zustände (states)
Breite, stabile Dispositionen zu bestimmten Verhaltensweisen Zeit- & situationsabhängig
Hypothetische Konstrukte Beispiele: Emotionen, mentale Zustände,
Unterschiedlich starke Ausprägungen Erregungszustände
Argumente für Eigenschaftsmodell
Höhere Korrelationen von aggregierten Verhaltensmaßen mit Persönlichkeitseigenschaften
, 2
Selbst- & Fremdbeurteilungen von Verhaltenseigenschaften zeitlich stabil
Korrelationen zwischen Intelligenz und Leistungen/Erfolg
Intelligenz zeitlich stabil
VERHALTENSTHEORETISCHER ANSATZ: VERHALTEN OHNE EIGENSCHAFTEN
Nur gezeigtes Verhalten relevant für Diagnostik (Verbindung zu Behaviorismus)
Verhalten als Funktion von Situation & Konsequenzen vergangener Situationen
Funktionale Verhaltensanalyse zur Erklärung von Problemverhalten
S Stimulus Auf Person einwirkender Reiz
O Organismus Körperliche & psychische Merkmale der Person
R Reaktion Zu erklärendes Problemverhalten
K Kontingenz Regelmäßigkeit eintretender Konsequenzen
C Konsequenz Reaktion auf Problemverhalten
BEDEUTUNG VON SITUATION UND EIGENSCHAFT
Verhaltenstheorie: Verhalten als Funktion Eigenschaftstheorie: Verhalten als Funktion
von Situation stabiler Eigenschaften
Interaktionismus: Verhalten als Funktion
von Situation & Eigenschaften
ZIELE PSYCHOLOGISCHER DIAGNOSTIK
Beschreiben und Klassifizieren
Statusdiagnostik = Diagnostik zur Beschreibung des momentanen Zustandes
→ Beschreibung von Eigenschaften und verhalten
Klassifikation = Spezialfall der Beschreibung
→ Voraussetzung: genau definierte, abgrenzbare Klassen
Erklären
Finden von Erklärungen für Entstehung & Aufrechterhaltung von Verhalten
Vorhersagen
Verhaltensprognosen nur Wahrscheinlichkeitsaussagen
Status- und Veränderungsdiagnostik
Statusdiagnostik/Eignungsdiagnostik:
Einmalige Erfassung des aktuellen Stands
→ Feststellung der Notwendigkeit bestimmter Interventionen
Prozessdiagnostik/Verlaufsdiagnostik:
Kontinuierliche Erfassung relevanter Merkmale zur Anpassung der Intervention
Erfassung des Standes nach Intervention
→ Feststellung der Wirksamkeit der Intervention (Erfolgskontrolle)
Probleme:
Verbesserung/Verschlechterung nicht zwangsläufig auf Intervention zurückzuführen
Übungseffekte durch Testwiederholung (vor allem bei Konzentrationstests)
Selektion und Modifikation
Selektion Modifikation
Suche nach Passung zwischen Person & Bedingung Veränderung von Person oder Bedingung
Selektion von Personen: Auswahl von Personen mit größter zur Herstellung einer Passung
Passung zu feststehender Bedingung (zum Beispiel: Modifikation von Personen (zum Beispiel:
Bewerberauswahl) Fortbildung)
Selektion von Bedingungen: Auswahl von Bedingungen mit Passung Modifikation von Bedingungen (zum
zu Merkmalen der Person (zum Beispiel: Berufsberatung) Beispiel: Aufgaben)
HISTORISCHER HINTERGRUND
Ca. 1000 v. Chr. Prüfungssystem zur Auswahl von Beamten in China
1884 Psychometrisches Labor mit kognitiven Tests von Sir Francis Galton: Messung geistiger Fähigkeiten